Von der Entzauberung des Osterhasen
Ostern naht. Und damit rĂŒckt auch der Abschied vom Osterhasen đ ein kleines StĂŒckchen nĂ€her. Der Kleinste glaubt noch an ihn. Im September kommt er jedoch in die Schule. ErfahrungsgemÀà ist das der Zeitpunkt, wo frĂŒher oder spĂ€ter ein anderes Kind den folgenschweren Satz: „Wie, du glaubst noch an den Osterhasen?“ ausspricht.
Bei unserem GroĂen war das damals ziemlich tragisch. Allerdings erwischte es zunĂ€chst eine andere mythische Gestalt. Kurz vor Weihnachten enttarnte ein Ă€lteres Kind im Hort das Christkind als „geschenkebringendes Elternteil“. Daraufhin zĂ€hlte mein Sohn 1 und 1 zusammen. „Wenn es das Christkind nicht gibt, gibt es den Osterhasen wahrscheinlich auch nicht, oder?“ fragte er geknickt. Ich musste daraufhin ziemlich schlucken. Kinderglaube ist wunderbar und mein GroĂer hatte auf einen Schlag erfahren, dass es in der Welt weniger Wunder gab, als er bis dahin annahm. Etwas trösten konnten ich ihn damit, dass er, mein Mann und ich jetzt ein Geheimnis vor seinen jĂŒngeren Geschwistern hatten. Wir nahmen ihm eine SchweigegelĂŒbde ab. Und fortan durfte er gemeinsam mit uns Eltern dafĂŒr sorgen, dass kurz vor Ostern gelegentlich jemand ein Schoko-Ei im Garten findet („Hat der Hase wohl verloren..“).
Osterhase, Christkind und Zahnfee
Auch meine Tochter und Sohn Nr. 2 durchschauten wĂ€hrend ihres ersten Schuljahres die Nicht-Existenz diverser Zauberwesen und trauerten ihnen nach. Neben dem Osterhasen und dem Christkind zĂ€hlte auch die Zahnfee zu diesen Wesen. Sie prĂŒfte bis zu ihrer Entzauberung bei Zahnverlust nachts die Milchzahn-Box und zĂ€hlte nach, ob sich sich ein neuer Zahn darin befand. War das der Fall, fanden die Kinder am nĂ€chsten Morgen ein Mini-Geschenk unter dem Kopfkissen. Die Zahn-Fee hatte bei uns Einzug gehalten, weil sie die Kindergartenfreunde meiner Kinder regelmĂ€Ăig besuchte. Nachdem bei Kind 1 der erste Milchzahn raus war, hatten mein Mann und ich ein abendliches GesprĂ€ch darĂŒber gefĂŒhrt, was jetzt zu tun sei. So richtig toll fanden wie die Zahnfee nicht, aber nach diversen Ăberlegungen erweckten wir sie trotzdem zum Leben. Was wĂ€re die Alternative gewesen? Dem Kind zu sagen, dass zu ihm leider keine Fee kommt? Das Kind hatte eine ausgeprĂ€gte Kombinationsgabe und wĂ€re wahrscheinlich von minderwertigen ZĂ€hnen ausgegangen, die einen Feen-Besuch nicht wert waren. Oder sollten wir sagen: „Die Zahnfee gibt es nicht!“. Dann hĂ€tte er das tags drauf in seiner Kindergarten-Gruppe erzĂ€hlt und mindestens 20 Kinder in Aufruhr versetzt.
Pfoten-Spuren im Kindergarten
In den letzten Jahren ist also der „Zirkel der AufgeklĂ€rten“ innerhalb unserer Familie auf 5 Personen angewachsen. Und es steht ein (voraussichtlich) letztes verzaubertes Fest vor der TĂŒr. Unser Kindergarten zelebriert die Geschichte mit dem Hasen ĂŒbrigens auch. Da werden kurz vor Ostern immer Pfötchen-AbdrĂŒcke von der EingangstĂŒr der Kita bis in den Garten gemalt. „Der Osterhase ist mit schmutzigen Pfoten đŸ durch den Kindergarten gesprungen und hat im Garten fĂŒr jedes Kind ein Osternest versteckt“, lautet die ErklĂ€rung der Erzieher:innen. Ich finde das ganz groĂartig! Und die Kinder auch. Es ist wundervoll zu sehen, wie sie morgens aufgeregt den Spuren hinterherlaufen und dann ihre Nasen an die Kita-Fenster drĂŒcken um im Garten evtl. einen Blick auf den Puschelschwanz des Osterhasen zu erhaschen.
Ich werde melancholisch, wenn ich daran denke, dass damit nun bald endgĂŒltig Schluss ist, weil auch der letzte im Bunde Bescheid weiĂ. Der Osterhase wird zwar 2024 bei uns nicht in Rente gehen, aber Ostern wird sich anders anfĂŒhlen. Der Hase muss also in diesem Jahr nochmal vollen Einsatz zeigen. Soll heiĂen: Er fĂ€rbt Eier, versteckt meisterhaft Nester und backt, was das Zeug hĂ€lt.