Prävention vor sexueller Gewalt an Kindern – Tipps der Polizei München
Sexuelle Gewalt – Wie schütze ich mein Kind – zu diesem Thema fand Ende März ein packender Online-Vortrag für Unterföhringer Grundschul-Eltern statt. Referent des Abends war Polizeihauptkommissar Ralph Kappelmeier, Vater von drei Kindern und bei der Polizei München für Präventionsarbeit zuständig. „Ich will Eltern sensibilisieren“, machte Kappelmeier das Ziel seines Vortrags deutlich. Anschließend erklärte er unter anderem, welche Formen von Gewalt gegen Kinder es gibt, wie häufig sie vorkommt, wer Täter und wer Opfer ist und welche Strategie Täter verfolgen. Gegen Ende des Vortrags gab der Polizeibeamte ganz konkrete Tipps zum Schutz.
Statistiken zu sexueller Gewalt an Kindern immer hinterfragen
Gleich zu Anfang erklärte Kappelmeier, wie wichtig es sei, bei Statistiken genau hinzusehen. „Betrachtet man die nackten Zahlen, nehmen Gewalttaten gegenüber Kindern zu“, so Kappelmeier. Das liege allerdings vor allem daran, dass Gewalttaten immer häufiger gemeldet werden. „Seit dem Jahr 2000 ist jede Watschn eine Straftat. Und das hat sich inzwischen rumgesprochen“, ergänzte der Kappelmeier. Sogenannte „Hands-on-Delikte“ nehmen seitdem ab. „Hands-off-Delikte“, zu denen beispielsweise der Besitz von Kinderpornographie zählt, nehmen dagegen zu.
Der Täter stammt oft aus dem Nahbereich
Bezüglich des Täters riet der Präventions-Experte Eltern dazu, immer im Blick zu behalten, mit wem ihr Nachwuchs Umgang hat. Die Gefahr gehe nicht unbedingt vom verdächtig aussehenden Fremden aus. „Da haben wir alle so ein Täter-Bild im Kopf, das mit der Realität wenig zu tun hat“, sagte Kappelmeier. Häufig gehe die Gefahr nicht vom missmutigen, älteren Mann mit schütterem Haar und fadenscheiniger Kleidung aus sondern stattdessen von jemanden aus dem Nahbereich. Oft seien die Täter nach außen hin offen, zugänglich und großzügig. Oft seien sie auch in sozialen Berufen tätig oder ehrenamtlich in Sportvereinen oder Jugendorganisationen engagiert. „Hier kommen sie automatisch mit Kindern in Kontakt“, so Kappelmeier. Eltern sollten deshalb ein „offenes Visier“ haben. Im Falle eines Verdachts dürfe es keine Rolle spielen, ob man die betreffende Person kenne oder nicht. „Niemand ist über einen Verdacht erhaben“, unterstrich Kappelmeier.
Vertrauen zwischen Eltern und Kind herstellen
Auch bezüglich der Opfer räumte der Polizist mit Klischees auf. Das typische Opfer sei nicht das hübsche, kleine Mädchen mit den Zöpfen. Es sei vielmehr das einsame und isolierte Kind. Aussehen spiele dabei eine untergeordnete Rolle. „Vernachlässigte Kinder sind auch gefährdete Kinder“, erklärte Kappelmeier. Nachdem der Täter ein Kind als Opfer „ausgewählt habe“, beginne ein längerer Beobachtungszeitraum gefolgt von einem Test. „Stößt der Täter hier auf verbale Gegenwehr, oder das Kind berichtet den Eltern davon, ist der Test gescheitert“, so Kappelmeier.
Kinder schützen – Experten-Tipps für Eltern
Und damit knüpfte er an die Tipps an, die er Eltern konkret mit auf den Weg gab:
- Ein Vertrauensverhältnis zum Kind aufbauen. Deutlich machen, dass man als Mutter oder Vater für Probleme da ist. „Schon mit 10 Minuten ungeteilter Aufmerksamkeit am Tag können Sie viel erfahren. Nämlich lauter Dinge, die Ihr Kind bewegt“, erklärte Kappelmeier.
- Rollentypische Erziehung vermeiden. „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“ oder „Sei ein liebes Mädchen“? Wer diese Stereotypen in der Erziehung bediene, schaffe Angriffspunkte. „Jungen dürfen ebenso Gefühle zeigen wie Mädchen laut sein dürfen“, betonte Kappelmeier.
- Das Wort „Fremder“ in der Kommunikation mit dem Kind durch „Jemand oder jeden“ ersetzen. „Steig nicht zu Jemandem ins Auto ein hat eine ganz andere Bedeutung als steig nicht zu Fremden ins Auto ein“, so Kappelmeier.
- Die Menschen kennenlernen, mit denen das Kind Umgang hat. „Zeigen Sie Präsenz ohne dass dabei die Selbstständigkeit Ihres Kindes auf der Strecke bleibt“, verdeutlichte der Polizeibeamte.