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Familienalltag,  Gesundheit

Kinderkliniken voll? Warum die Kindermedizin schon wieder am Limit ist

Heute bin ich extrem wütend und ich muss das von mir schreiben. In den letzten Wochen häufen sich die Nachrichten, dass Kinderkliniken voll sind. Ob das nur bei uns in Bayern der Fall ist, weiß ich nicht genau, befürchte aber, das Problem haben wir bundesweit. Ich bekomme es in München allerdings massiv mit. Man sollte meinen, dieser Umstand bringt Eltern auf die Barrikaden, auf die Straße oder sie machen an anderen Stellen ihrem Unverständnis Luft. Nichts dergleichen nehme ich jedoch wahr. Alle hoffen offenbar nur darauf, nicht betroffen zu sein. Ich ernte eher Unverständnis, wenn ich meinem Ärger Luft mache. Ich solle das alles doch nicht immer so dramatisieren. Hm.

Wie ist die Lage?

Wir befinden uns offenbar gerade außerhalb einer Corona-Welle. Das sollte eigentlich Anlass zur Freude sein. Allerdings zeigt sich dadurch ein anderes Problem. Durch mehr als zwei Jahre, die wir mit Masken und anderweitigem Schutz verbracht haben, sind wir von vielen anderen Infektwellen im Winter verschont geblieben. Das führt dazu, dass andere Infekte – momentan offenbar das RS-Virus – massiv durchbrechen, da kaum jemand mehr auf Nichtansteckung achtet. Gerade für Babys und Kleinkinder kann RSV allerdings schnell ein Fall fürs Krankenhaus werden. Vor Corona gab es da schon Probleme – jetzt treffen uns diese mit voller Wucht. Die Kinderkliniken in München stehen vor dem Kollaps. Die Süddeutsche Zeitung berichtete diese Woche bereits und schilderte die dramatische Lage eines Säuglings, der 24 Stunden auf eine lebensrettende Operation warten musste. Das ist leider kein Einzelfall mehr.

Was passiert eigentlich in unserer Gesellschaft?

Jetzt könnte man sich entspannt zurücklehnen getreu dem bayrischen Motto: „Ja mei, vorerkrankte Menschen und eben auch Kinder tragen nun mal ein Risiko. Hundert Prozent Sicherheit gibt es nicht.“ So einfach ist das aber beileibe nicht. Zumal wir uns als Gesellschaft (eigentlich) eine gewichtige Maxime zugrunde gelegt haben: Die Schwächsten zu schützen. Während der heißen Corona-Phase haben Kinder und Jugendlichen die stärksten Einschränkungen hinnehmen müssen, um die älteren Mitmenschen zu schützen und vor dem Tod zu bewahren. Spielplätze wurden abgesperrt, Kindergärten, Betreuungseinrichtungen und Schulen wurden geschlossen. Ein normales Leben war für uns alle – besonders aber für Kinder – nicht mehr möglich. Nun wäre es an der Zeit, die Kinder zu schützen – denn Erwachsene können zwar auch an RSV erkranken, allerdings sind die Symptome nicht so schwerwiegend wie bei Babies und Kleinkindern. Es wäre ja auch gar nicht so schwierig, beispielsweise weiterhin beim Einkaufen und in Innenräumen eine Maske zu tragen. Damit ließe sich viel erreichen und die Lage könnte sich etwas entspannen. All dies geschieht jedoch nicht.

Welche Auswirkungen hat das?

Falls ihr Euch fragt, warum mich das alles so aufregt (denn meine Kinder sind schließlich keine Kleinkinder mehr) möchte ich Euch das gerne erklären. Meine große Tochter hatte die ersten sechs Jahre ihres Lebens mit einer Stoffwechselstörung zu kämpfen. Dies äußerte sich schon bei kleinsten Infekten mit Stoffwechselentgleisungen und endete für uns öfter in der Kinderklinik als mir lieb war. Glücklicherweise hat sich das mittlerweile verwachsen. Viele andere Kinder sind allerdings ebenfalls mit solchen Problemen konfrontiert. Das heißt: Es geht nicht immer um eine schlimme Vorerkrankung von Kindern. Das man im Krankenhaus landet, kann aus dem ganz normalen Alltag heraus passieren. Stellt Euch vor, eines Eurer Kinder hat eine Blinddarm-Entzündung und benötigt eine OP, oder stellt Euch einen Unfall mit einem kompliziertem Bruch vor. All das ist zur Zeit erst mal schwierig.

Vergangene Woche ging es meiner kleinen Tochter schlecht. Vermutlich hat sie sich oben genannten RS-Virus eingefangen. Soweit erst mal unproblematisch, sie ist dem Kleinkindalter ja längst entwachsen. Allerdings äußerte sich der Infekt bei ihr unter anderem mit Erbrechen. Bei Magen-Darm-Geschichten begegnen wir als Familie immer unserem persönlichen Endgegner. Denn: Meine Tochter hat ein Problem – ihr Körper kann das nicht regulieren. Das ganze nennt sich unstillbares Erbrechen und es ist schlicht eine Katastrophe. Wir sind diesmal gerade so an einem Klinikaufenthalt vorbei geschrammt. Die Kinderärztin war schon leicht panisch und riet uns, so lange vertretbar die Klinik zu meiden. Man hätte vermutlich kein Bett in einigermaßen erreichbarer Nähe frei gehabt. (Kleiner „Fun-Fact“ am Rande: schon vor der Corona-Pandemie war ich wegen dieser Sache mit meiner Tochter dreimal stationär mehrere Tage im Krankenhaus. Krasseste Wartezeit in der Notaufnahme: 9 Stunden!!!) In den Medien hört man nun immer öfter von Verlegungen lebensbedrohlich erkrankter Kinder von Bayern nach Norddeutschland usw. Die Kinderkliniken sind voll. All das klingt für mich so gar nicht nach einem fortschrittlich entwickelten Land wie Deutschland.

Normaler Arbeitsalltag? Leider unmöglich!

Heute rief mich der Hort meiner Tochter an. Ob es möglich wäre, mein Kind abzuholen. Aufgrund massiven Krankenstandes und daraus resultierenden Personalmangels sehe man sich außerstande alle Kinder gut zu betreuen. Und ich gehe davon aus, dass diese Situation in vielen Einrichtungen gerade dieselbe ist. Das bedeutet natürlich auch für uns als Familie: Ein normaler Arbeitsalltag ist mal wieder nicht möglich, ebenso eine gute Betreuung meiner Tochter (die wir als Familie dann wieder irgendwie selbst stemmen müssen). War ich die vergangene Woche von der Arbeit zu Hause um mich um ein krankes Kind zu kümmern, so muss ich es diese Woche wieder irgendwie umorganisieren, weil das Personal erkrankt ist.

Ich frage mich: warum ist es so schlimm das Offensichtliche beizutragen? Nämlich immer und überall wo angemessen eine Maske zu tragen. Es ist nur eine kleine Sache, die vor allem wir Erwachsenen tun können, um die Gesundheit und damit die Zukunft aller zu schützen. Sie schadet niemandem und sie hätte einen doch so großen Effekt. Aber nein, wir streiten uns lieber auf politischer Ebene auf populistische Art und Weise mit unserem Gesundheitsminister darüber, warum nicht endlich die Maskenpflicht im ÖPNV abgeschafft wird. Natürlich werde ich immer und überall wo ich Maske trage schräg angeschaut. „Tu doch mal diesen Lappen aus dem Gesicht!“ So oder so ähnliches wurde mir schon öfter entgegnet. Und beim Abholen meines Kindes heute in der Einrichtung trug natürlich vom (noch) gesunden Personal auch niemand eine Maske. Damit ist wohl alles gesagt.

Passender Buchtipp auf die Schnelle (wollte ich längst gelesen und hier rezensiert haben, hab es aber noch nicht annähernd durchgelesen):
Sabine Rennefanz: Frauen und Kinder zuletzt. Wie Krisen gesellschaftliche Gerechtigkeit herausfordert, Ch. Links Verlag, 2022

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* aka Madame Schärnée * lebt mit Monsieur Schärnée und zwei Töchtern im nördlichen Landkreis München * hoffnungslose gerechtigkeitsliebende Weltverbesserin, bekennende Feministin und Buchliebhaberin * Vizepräsidentin des Vereins Parité in den Parlamenten e.V. * redet ihr Gegenüber gerne in Grund und Boden und führt endlose Diskussionen über Gleichberechtigung und Politik * wirbt für mehr Mütter in der Politik * glaubt (trotzdem) an das Gute im Menschen * liebt orientalisches Essen wie Hummus, Falafel und Co * Mitgründerin des Familienzentrums FamilienHaus Unterföhring e.V * lernt durch ihr ehrenamtliches Engagement und den Blog viel über sich selbst und das Leben * ihre Lieblingshashtags: #dieHälftederMachtdenFrauen und #smashthepatriarchy #MütterindiePolitik

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