Gleichstellung

Ich bin eine Frau. Ich bin eine Mutter. Ich mache Politik.

Vergangene Woche habe ich ein verlängertes Wochenende in Berlin verbracht. Ohne meine Familie. Nur für mich alleine. Für mein politisches Engagement. Ich engagiere mich seit einigen Jahren für die SPD. In der Partei bin ich nicht nur als stilles Mitglied unterwegs – ich bin mit ihr auch beruflich verbandelt UND ich bin in der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (kurz AsF) aktiv, in der ich mich leidenschaftlich für das Thema Gleichstellung stark mache. Am Wochenende gab es große Feierlichkeiten zu 160 Jahren Sozialdemokratie und 50 Jahren AsF. Man sollte meinen, wenig spektakulär, wenn man sich politisch engagiert bei einem solchen Event dabei zu sein. Weit gefehlt. Aber mal von vorne:

Ich bin aufgefüllt mit neuer Energie, wurde mit vielen großartigen Begegnungen beschenkt, habe gute und inspirierende Gespräche geführt, durfte ausschlafen, mich einfach durch die Stadt treiben lassen, habe mir etwas Schönes gegönnt und Kultur genossen. Das war fast zu schön um wahr zu sein. Und ein großer Luxus.

Warum sich nur wenige Frauen politisch engagieren

In den vielen Begegnungen vor Ort ist mir einmal mehr klar geworden, wie wichtig es ist, sich feministisch politisch zu engagieren. Davon profitieren nicht nur Frauen, sondern alle Menschen in unserer Gesellschaft. So viele der Frauen die ich am Wochenende getroffen habe, können sich nur deshalb engagieren weil sie (noch) keine Kinder haben oder die Kinder bereits aus dem Gröbsten raus sind. Das ist nicht gerecht und in meinen Augen auch keine Gleichberechtigung. Ich möchte mich nicht entscheiden müssen zwischen Kindern und Engagement. Und warum sollten die Ambitionen einer Frau weniger wert sein als die eines Mannes? Warum ist es meistens so, dass Frauen sich mit ihren Wünschen denen der Männer unterordnen? Warum muss sich überhaupt eine*r in einer Partnerschaft auf Augenhöhe mit den eigenen Ambitionen zurückhalten, sobald Kinder da sind?

„Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden.“

In den Parteistatuten der SPD steht: „Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden.“ Und so ist es auch. Ohne den wunderbaren Mann an meiner Seite, der das alles mitträgt und unterstützt (und für den das übrigens total selbstverständlich so ist) wäre mir dieses politische Engagement nicht möglich. Es braucht also unbedingt die wahrhafte und echte Solidarität der Männer um politische Teilhabe auch für Frauen zu ermöglichen. 

Vielen Müttern ist allerdings ein politisches Engagement nicht möglich, weil sie schon gar nicht wissen, wie sie Beruf und Familie vereinbaren sollen. Wohin dann auch noch mit einem (politischen) Ehrenamt? Das darf aber doch einfach nicht sein!

Wir brauchen mehr Solidarität unter Frauen

Und noch etwas: Es geht nicht nur um die Solidarität der Männer. Unabdingbar ist auch die Solidarität unter Frauen. Und die ist alles andere als selbstverständlich. Damit meine ich auch, dass es aufhören muss, dass mich andere Mütter fragen, ob ich denn vorgekocht habe, wenn ich ein paar Tage nicht bei meinen Kindern bin. Und wer denn in dieser Zeit bei meinen Kindern sei? Ein weiterer Klassiker: „Findest Du nicht Deine Kinder sind noch ein wenig zu jung dafür, dass Du sie so oft „alleine“ lässt?“ Mein Mann wurde (Überraschung) natürlich noch nie gefragt, ob er es gegenüber seinen Kindern verantworten kann, am Wochenende beruflich auf einen Veterinärkongress zu fahren. Oder ob er denn fürs Essen vorgesorgt habe.

Ihr merkt, wie absurd das Ganze klingt, wenn man es umdreht. Ich bekam kürzlich sogar eine Nachricht von einer Mutter aus meinem Umfeld. Darin wurde ich (ja was eigentlich, beschimpft, bezichtigt, angegangen?) gebeten (in einem sehr übergriffigen, unfreundlichen Ton), ich möge bitte aufhören mich feministisch zu äußern und zu engagieren und das nach Außen zu tragen. Denn das sei ja kein echter Feminismus den ich da lebe. Ich würde ja in einer Komfortzone leben (da „nur“ Teilzeittätigkeit). Ich würde quasi von meinem Mann finanziert werden und hätte dadurch bequeme „feministische Socken“ an, mit denen ich durchs Leben gehe. Sie selbst als Alleinerziehende sei dagegen wahrhaftig feministisch, weil sie alles alleine stemme. Den Luxus und die Zeit, das aktivistisch nach außen zu kehren habe sie nicht. Da war ich dann doch baff. Denn im Umkehrschluss hieße das ja, wir lassen die Situation für Frauen (in egal welcher Lebenskonstellation) einfach so wie sie ist. Dann gewinnen wir leider nur einfach GAR NICHTS und wir kommen auch nicht weiter. Wir ordnen uns nur weitere 100 Jahre den Ambitionen der Männer unter.

Habt den Mut laut zu sein

Wichtig ist außerdem: seid mutig – seid laut! Meldet Euch zu Wort und sagt Eure Meinung und mischt Euch ein. Lasst Euch nicht von anderen reinreden, Eure Meinung sei unwichtig. Denn auch das erlebe ich sehr häufig. Als Frau wird man schon nicht ernst genommen, als Mutter noch weniger. Damit sich etwas tut braucht es viele Mütter, die sich einmischen, die politisch sind. Ihm Übrigen ist schon das Engagement in einem Elternbeirat einer Kita oder Schule ein politischer Akt. Auch ich bin zu meinem politischen Engagement über die Gründung des Familienzentrums FamilienHaus Unterföhring e.V. gekommen. Aufgrund fehlender Angebote für Familien. Was ich dabei erlebt habe oder eben auch nicht erlebt habe, führte mich zu der Erkenntnis: hier gibt es strukturelle Probleme in unserer Gesellschaft. Familien, insbesondere die Bedürfnisse von Müttern werden nicht gesehen, nicht gehört und schon gar nicht Ernst genommen. Daran wollte und will ich etwas ändern. Getreu dem feministischen Motto der 70er Jahre: „Das Private ist politisch.“ Kurz gesagt: wenn wir etwas an unserer persönlichen Lebenssituation ändern wollen, müssen wir es selbst tun und zur Veränderung beitragen, andere werden das nicht für uns übernehmen.

Der Schlüssel lautet: Bildet Banden!

Also: hört auf andere Frauen zu bewerten für das Leben das sie führen bzw. wie sie es führen! Bildet Banden, vernetzt Euch. Unterstützt andere Frauen. Wählt Frauen in politische Entscheidungsgremien. Gebt ihnen eine Stimme. Und wenn sie Mütter sind, dann erst recht. Nur so kann und wird sich etwas verändern. Wir alle können unseren kleinen Teil dazu beitragen.

Wir brauchen die politischen Stimmen auch und gerade von den Müttern. Und natürlich auch ganz dringend die der Alleinerziehenden. Mütter halten durch ihre unermüdliche Carearbeit unsere Gesellschaft am Laufen und ermöglichen es den Vätern ihren Ambitionen (Karriere, (politisches) Engagement, Netzwerken, etc.) nachzugehen. Den Erfahrungsschatz von Müttern, ihre Herausforderungen und ihre Stimmen sind immens wichtig. Wir sollten sie hören und wir müssen dringend Strukturen schaffen, damit sich Mütter politisch engagieren können! Wenn wir darauf warten, dass die Männer das für uns übernehmen, wird nichts passieren.

* aka Madame Schärnée * lebt mit Monsieur Schärnée und zwei Töchtern im nördlichen Landkreis München * hoffnungslose gerechtigkeitsliebende Weltverbesserin, bekennende Feministin und Buchliebhaberin * Vizepräsidentin des Vereins Parité in den Parlamenten e.V. * redet ihr Gegenüber gerne in Grund und Boden und führt endlose Diskussionen über Gleichberechtigung und Politik * wirbt für mehr Mütter in der Politik * glaubt (trotzdem) an das Gute im Menschen * liebt orientalisches Essen wie Hummus, Falafel und Co * Mitgründerin des Familienzentrums FamilienHaus Unterföhring e.V * lernt durch ihr ehrenamtliches Engagement und den Blog viel über sich selbst und das Leben * ihre Lieblingshashtags: #dieHälftederMachtdenFrauen und #smashthepatriarchy #MütterindiePolitik

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