Familienalltag

Kleine Kinder, kleine Sorgen?

Blöder Spruch, dachte ich, als ich ihn zum ersten Mal hörte. Damals war ich 28 und drehte mit meinem Bauchweh geplagten Erstgeborenen im sogenannten Fliegergriff allabendlich Runden im Wohnzimmer. Den Satz mit den kleinen Kindern und den kleinen Sorgen sprach damals meine Hebamme während eines Nachsorge-Termins aus. Was redete die Frau da nur? So ein Baby mit Bauchschmerzen war doch keine Kleinigkeit! Er hatte Schmerzen! Und ich litt mit!

Große Kinder, große Sorgen?

16 Jahre später finde ich den Spruch immer noch blöd. Sorgen sind Sorgen. Da gibt es kein Klein oder Groß. Aber ich weiß jetzt, was sie meinte. Sie hatte damals die Teenager, die ich heute habe. Bei denen geht es nicht mehr um Blähungen, Hunger und volle Windeln, sondern um Schulstress, unreine Haut und existenzielle Probleme wie: „Was ziehe ich bloß an?“

„Wieso wascht ihr denn nie?“

Ein Beispiel aus der letzten Woche. Kind 2 steht spätabends vor dem zum Bersten gefüllten Kleiderschrank und ruft ungehalten: „Ich hab kein einziges, passendes Shirt für morgen. Wieso wascht ihr denn nie?“ (Natürlich Quatsch. Unsere Waschmaschine ist im Dauereinsatz). Anschließend knallt sie mir ihre Tür vor der Nase zu, weil ich nicht bereit war, eine nächtliche Maschine anzuschmeißen. 

Am Tag darauf stellte sich heraus: Es ging um etwas ganz anderes. Das nicht gewaschene Shirt diente ihr nur als Ventil, um ihren Frust über das Verhalten einer Freundin loszuwerden. 

Kleine Kinder, kleine Sorgen aka Bauch voll, alles toll!

Und das ist der wesentliche Unterschied: Im Umgang mit Babys muss man nicht um die Ecke denken. Sie haben Grundbedürfnisse. Und sobald der Bauch voll, die Windel frisch und der Mittagsschlaf erledigt ist, ist die Welt wieder in Ordnung. Mit Teenagern ist das eine ganz andere Hausnummer. Man muss ständig „auf Empfang“ sein. Schwingt Sarkasmus in der Stimme des fast 13-Jährigen mit, wenn er erklärt, in der Schule sei „alles gut“? Wird die Introvertiertheit im Praktikum des Ältesten endgültig zum Problem? Oder steckt hinter der rausgerotzten Frage der Tochter, warum wir nie waschen, etwas ganz anderes?

Das Gute an Teenagern

Der Weg zum Erwachsenwerden ist steinig. Meinen Kindern verdanke ich mit Sicherheit mindestens die Hälfte meiner grauen Haare und diverse Falten. Ich liebe sie sehr, aber hin und wieder brauche ich eine Auszeit von ihnen. Und das ist das Gute an Teenagern. Im Gegensatz zu Babys sind sie nicht mehr zu 100 Prozent von ihren Eltern abhängig. Wenn mir der Kragen platzt und ich eine Runde um den Block drehen muss, kommen sie auch ohne mich klar.

Mutter von Vieren und brennt als solche für Familienthemen, schreibt gern, liest gern, arbeitet als Online-Redakteurin, ist Multitasking-geübt, mag Sci-Fi, hasst Rosenkohl, aufgewachsen in Nordhessen, beheimatet im schönen Unterföhring in Bayern. Mit Tanja teilt sie die Abneigung gegenüber Ungerechtigkeiten jedweder Art.

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