Office Mom für 10 Minuten – Wie ich in die Kaffee-Koch-Falle tappte
Kürzlich fand ich mich bei der Arbeit in einer skurrilen Situation wieder. Ein Kunde verirrte sich auf der Suche nach seinem Ansprechpartner in unser Büro. Ich sagte zunächst dem gesuchten Kollegen Bescheid und geleitete den Herren anschließend in den Konferenzraum. Der Mann war eine weitere Strecke gefahren und sah müde aus. Ich bot ihm also einen Kaffee an. Während ich am Vollautomaten stand, näherte sich mein Kollege samt Verstärkung.
„Bedienung bitte!“
Die Verstärkung bog in Richtung Konferenzraum ab, der Kollege fragte mich freundlich, ob ich ihm evtl. auch einen Kaffee machen könne. Begründung: Er kenne sich mit dem Vollautomaten nicht gut aus. Was möglicherweise sogar stimmt, denn in seiner Abteilung ist eine Maschine aus dem vorherigen Jahrhundert im Einsatz. Ich antwortete flapsig: „Na gut, ausnahmsweise!“ Der Kollege dankte und ging ohne weitere Umschweife in den Konferenzraum. Womit zum Auftrag „Kaffee kochen“ auch noch der Auftrag „Kaffee servieren“ gekommen war. Meine Gedanken rasten. Wie war ich bloß in diese Situation geraten? Ich als Office Mom? Als Kaffee-kochende, gute Seele des Büros? Wie kam ich jetzt wieder raus aus der Nummer?
Ich als unfreundlichste Serviererin der Welt
Mir fiel nichts ein. Ich brachte 2 Tassen Kaffee in den Konferenzraum. Löffel und einen Tretrapack Milch (bloß nicht auch noch in ein Kännchen gießen) klemmte ich mir unter den Arm (bloß kein zweites Mal den Raum betreten müssen). Der Kollege und der Kunde bedankten sich, Ich nickte nur knapp. Die etwas irritierte Verstärkung ignorierte ich komplett und suchte das Weite. Irgendwann werde ich mein merkwürdiges Verhalten wohl erklären müssen.
Ich erntete später am Tag noch ein „Kommt vor, dass man Kaffee kochen muss!“, ein „Mach kein Drama daraus!“ und ein Achselzucken. Drei der zwei Reaktionen kamen von Frauen.
Wir sind doch alle längst gleichberechtigt?
Die kleine Episode ließ mich nicht mehr los. Warum hatten mich meine 10 Minuten als Office Mom so aufgeregt? Ich brauchte ein paar Tage um klarer zu sehen. Ich hatte mich selbst in eine Rolle katapultiert, die ich ablehne. Nämlich in die „Frau bedient Mann-Rolle“. Gleichberechtigung ist mir so eine Art Herzensanliegen. Ich bin dabei weniger kämpferisch unterwegs als Tanja, kann aber Ungleichbehandlung jedweder Art überhaupt nicht leiden. Allerdings dachte ich lange, wir als Gesellschaft wären auf diesem Gebiet schon auf einem guten Weg. Und dann verlässt man einmal seine Bubble und findet sich sofort an der Kaffeemaschine wieder! Und regt sich auch noch als Einzige darüber auf!
Mental-Load-Expertin Laura Fröhlich hatte gestern genau zu dem Thema auf Insta einen Buchtipp. Nämlich „Wir sind doch alle längst gleichberechtigt“ von Alexandra Zykonov. Ich werde es lesen. Und hier im Blog rezensieren. Wer vorab schon mehr zum Inhalt des Buches wissen will: Laura hat Alexandra Zykonov in ihrem Podcast interviewt.
Office Mom? Meine Konsequenz
Abschließend noch ein Satz zu meinem Büro-Erlebnis der dritten Art. Ich habe für mich folgende Konsequenz beschlossen. Solange wir in einer Gesellschaft leben, in der nicht genauso viele Männer wie Frauen im Büro die Care Arbeit übernehmen und an Geburtstage denken, Spülmaschinen befüllen oder eben die Geheimnisse des Kaffee-Vollautomaten ergründen, biete ich keine Koffein-haltigen Getränke mehr an. Ich weise höchstens noch freundlich den Weg zur Kaffeemaschine und zum Tassen-Regal. Ich will keine Office Mom sein. Und um noch deutlicher klar zu machen, wie ich diesbezüglich ticke, werde ich demnächst mal mein Statement-T-Shirt im Büro tragen.