Gleichstellung

Genderverbot in Bayern – eine Elternstimme


Über dieses Thema wollte ich schon ein paar Mal schreiben – habe es aber immer wieder verschoben. Die jüngste Erklärung der Staatsregierung, wonach an bayerischen staatlichen Behörden, Schulen und Unis ab sofort ein Genderverbot gilt, nehme ich zum Anlass, es jetzt endlich doch zu tun. 

Sprache ist mächtig. Und wenn Sprache jede und jeden umfasst, benachteiligt sie auch niemanden. Dann sagt sie: „Wir sind alle gemeint!“ Vor diesem Hintergrund kriege ich juckenden Hautausschlag, wenn der bayerische Innenminister Joachim Herrmann erklärt, mit dem Verbot von Genderzeichen „Diskursräume in einer liberalen Gesellschaft“ offen halten zu wollen. 

„Uns ist die sprachliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Alltagssprache von Behörden genauso wichtig wie in Rechts- und Verwaltungsvorschriften“, machte der Innenminister auf seiner Homepage deutlich. „Wer behauptet, dafür braucht es das ‚Gendern‘, beherrscht offenbar die deutsche Sprache nicht“, heißt es dort weiter.

Das nehme ich persönlich. Doch, ich beherrsche die deutsche Sprache. Ich arbeite jeden Tag mit ihr. Politiker wie Herrmann dagegen ganz offensichtlich nicht. Sonst wüssten sie, wie kompliziert ein Text werden kann, wenn Wortbinnenzeichen nicht mehr verwendet werden dürfen. Wenn stattdessen an jeder erdenklichen Stelle von „Lehrerinnen und Lehrern“, „Lehrkräften“ oder „Lehrenden“ die Rede ist. Oder von „Ansprechpersonen“. Das nämlich ist Okay für die Staatsregierung. 

Gendern dagegen verunstalte regelwidrig und völlig unnötig die deutsche Sprache, erklärte das bayerische Innenministerin. 

Neues aus dem Land der Wurstigkeit

Bayern ist und bleibt halt einfach das Land der Wurstigkeit. Und ich stelle mal die gewagte These auf, dass das Genderverbot nichts weiter als ein neuer söderalistischer Versuch ist, am rechten Rand nach Stimmen zu fischen. Der AFD ist Gendern ja ebenfalls zutiefst zuwider. 

Zum Glück lässt sich Sprache nichts sagen. Auch nicht vom bayerischen Innenminister. Sie bahnt sich einfach ihren Weg. Ein Beispiel dafür ist das sich abnutzende Genitiv, das sich langsam aber sicher aus unserem Sprachgebrauch verabschiedet. Ein anderes Beispiel ist die „Gästin“ als weibliches Pendant zum Gast. Es ist völlig unerheblich, wie schön oder unschön das Wort in unseren Ohren klingt. Wenn es kontinuierlich verwendet wird, ist es irgendwann etabliert.

Und so reagieren Schüler:innen aufs Genderverbot

Bei Schüler:innen will man/frau die Genderzeichen-Verwendung übrigens (noch?) nicht abstrafen. Wenn sie Sternchen, Mediopunkte und Co. verwenden, werden das Lehrer:innen in Zukunft rot markieren aber nicht mit Punktabzügen bedenken.

Ich als Mutter weiß aus langjähriger Erfahrung: Sobald etwas verboten ist, wird es spannend für Heranwachsende. 

Meine Kinder haben sich bislang 0 für das Thema Gendern interessiert. Bis letzte Woche. Da fragte mich Kind 3, was eigentlich ein Glottischlag ist, während Kind 2 an einem Referat feilte und wissen wollte, ob ich Sternchen oder Doppelpunkt zwischen Filmproduzent und …in schöner fände. 

Mutter von Vieren und brennt als solche für Familienthemen, schreibt gern, liest gern, arbeitet als Online-Redakteurin, ist Multitasking-geübt, mag Sci-Fi, hasst Rosenkohl, aufgewachsen in Nordhessen, beheimatet im schönen Unterföhring in Bayern. Mit Tanja teilt sie die Abneigung gegenüber Ungerechtigkeiten jedweder Art.

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