plaedoyer für das ehrenamt
Familienalltag

Warum Ehrenamt sich trotzdem lohnt!

Vor kurzem habe ich den 1. Vorsitz meines Herzensprojektes – dem Trägerverein für ein Familienzentrum FamilienHaus Unterföhring e.V. – niedergelegt. Fünf Jahre hat mich das Projekt begleitet, war ein fester Bestandteil meines Lebens und ich habe es losgelassen. Das war schwer und tatsächlich hinterlässt es gleichzeitig eine schmerzende Wunde sowie eine neu gewonnene Leichtigkeit. Warum ich hier darüber schreibe? Weil Ciao Cacao daraus entstanden ist und ich ein Plädoyer fürs Ehrenamt halten möchte!

Mein Weg zum Engagement

Vor fünf Jahren bin ich zu einer Gruppe gestoßen, die sich für ein Familienzentrum bei uns im Ort engagieren und einsetzen wollte. Meine kleinste Tochter war damals gerade mal zwei Jahre alt. Ich wusste aus eigener Erfahrung, welche Angebote ich nach der Geburt dringend gebraucht hätte, die es so bei uns in der Kommune aber nicht gab.

Niemals hätte ich vermutet, wohin mich das führen würde, wenn ich mich bei diesem Projekt einbringe. Zwei Jahre Überlegungen, Planungen und Konzeption mündeten letztlich in der Gründung eines Trägervereins. Und weil beim Ruf nach: „Wer fühlt sich verantwortlich und wer würde das gerne umsetzten?“ plötzlich alle verschwunden waren, hatte ich am Ende zusammen mit einer Nachbarin den Hut auf. Zusammen warfen wir uns ins Abenteuer Vereinsgründung.

Vereinsgründung? Keine leichte Sache

Rückblickend kann ich nur sagen: Wir hatten ja keine Ahnung! Also wirklich nicht. Wie schreibt man eine rechtssichere Satzung? Was muss man alles beachten? Wir finden wir Ehrenamtliche? Wie bekommen wir Fördergelder? Muss man sich da versichern lassen und vieles mehr. Wir haben uns reingehängt und schlau gemacht. Haben Fortbildungen besucht und fast unsere gesamte freie Zeit in all das investiert. Tausende Stunden Arbeit. Eine Website musste her, Logo und Designvorlagen, Social Media Kommunikation und alles was dazu gehört. Das hat nicht nur Spaß gemacht, dabei habe ich auch unglaublich viel gelernt. Natürlich viel fachliches, aber vor allem viel über mich, das Leben, über Menschen, über den Wert des Zusammenhalts und – in unserem Fall am wichtigsten – über Politik und die damit verbunden Befindlichkeiten.

Wurde unser Engagement anfänglich unterstützt, so wandelte sich das schnell und politische Unterstützung blieb uns verwehrt. Familien nahmen unsere Angebote und unser Engagement dennoch dankbar an. Gerade in der Hochphase der Corona-Pandemie konnten wir unter die Arme greifen und etwas entlasten. Das war unser Antrieb, weiter zu machen.

Wenn Ehrenamt nicht wertgeschätzt wird

Aber auch ich hatte durch die Pandemie Unterstützungsbedarf. Ich war genauso am Ende und verzweifelt, wie alle anderen Eltern auch. Ich habe versucht meinen Job, meine Kinder, die Herausforderungen von Schule und Corona, Homeoffice, Haushalt, Zeit für mich (was ist das?) unter einen Hut zu bekommen. Und dann war da noch die Verantwortung für das Familienzentrum. Ich bin grandios daran gescheitert. Das Ende vom Lied kennt ihr bereits. Ich bin an einer chronischen Schmerzerkrankung erkrankt. Natürlich nicht durch Corona, die Krankheit trage ich vermutlich schon viele Jahre mit mir herum, aber dennoch war das der Punkt an dem ich begann darüber nachzudenken, ob das alles so richtig sein kann.

Als ich selbst Unterstützung nötig hatte, habe ich sie durch die bei uns verantwortlichen Institutionen nicht bekommen. Nach tausenden Stunden Engagement fürs Gemeinwohl. Ich musste die Notbremse ziehen und hinterfragen, was und warum ich das eigentlich mache.

Warum ich Euch trotzdem ehrenamtliches Engagement ans Herz legen möchte?

Ich konnte ohne Wertschätzung nicht weitermachen. Ich habe erkannt, dass ich nicht weiter gegen eine politische Ablehnung kämpfen kann und will. Auch wenn alles für unser Projekt spricht, ohne den politischen Support geht es leider nicht. Besonders bitter ist das in diesen für viele Familien schwierigen Zeiten. Erst Corona, Angst vor der Zukunft und die massiv steigenden Preise haben das Leben für alle verändert. Familien brauchen mehr denn je Unterstützungsangebote. Zusammenhalt, einander Zuhören und füreinander da sein wäre jetzt das Gebot der Stunde. Der Haken: Ich bin selbst Teil der Gruppe, die genau diesen Bedarf hat. Nach fünf Jahren des Gebens möchte ich nun auch mal mit Nehmen an der Reihe sein dürfen.

Ich mache nun den Weg frei für neue Energie und frischen Wind. Vielleicht bietet es die Chance, mit anderen Verantwortlichen trotzdem zum Ziel zu kommen: ein Familienzentrum für Unterföhring zu errichten.


Fakten über das Ehrenamt in Deutschland

41% aller Bürger*innen über 14 Jahre in Bayern engagieren sich ehrenamtlich in den unterschiedlichsten Bereichen – im Rettungsdienst, bei der Feuerwehr, in sozialen Einrichtungen, in Kirche, Kultur, im Sportverein und vielen anderen Bereichen mehr. Ohne das Ehrenamt würde unsere gesamte soziale Struktur zusammenbrechen. Unser Gemeinwesen lebt von Menschen, die sich freiwillig fürs Gemeinwohl einsetzen. Ehrenamtliche gehören daher gut behandelt. Ich habe vor zwei Jahren eine Weiterbildung zur Ehrenamtskoordinatorin beim Landratsamt München gemacht. Anerkennungskultur kann man da erlernen. Eine sehr wichtige Sache. Wertschätzung kann sich zum Beispiel darin äußern, dass man evtl. sogar auch eine finanzielle Aufwandsentschädigung bekommt, die bis zu einem bestimmten Betrag auch steuerfrei ist. Wusstet ihr, dass es in Bayern sogar eine Beauftragte für das Ehrenamt gibt und das Thema Bürgerschaftliches Engagement in der Verantwortung des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales liegt?


Mein Plädoyer fürs Ehrenamt

Das Ehrenamt ist der Kitt unserer Gesellschaft, der viele Bereiche zusammenhält. Aber immer weniger Menschen können sich ein Ehrenamt „leisten“. Denn Zeit ist ein rares Gut und Vereinbarkeit von Familie, Beruf und einem Ehrenamt in den meisten Fällen nur schwer möglich. Warum ich Euch das Ehrenamt trotzdem ans Herz legen möchte? Weil ohne das Ehrenamt unsere Gesellschaft nicht funktionieren würde. Und weil es mir sehr viel Sinnhaftigkeit für mein Tun gegeben hat. Ich war viele Jahre in einem für mich sinnlosen Job aktiv und habe lange Zeit nach etwas Sinnvollem gesucht, um für andere da zu sein. Das habe ich mit dem Projekt FamilienHaus gefunden. Es gab mir nicht nur das Gefühl, etwas Gutes zu tun, das für andere eine Stütze sein kann. Ich habe mich wertvoll gefühlt, trotz all der Widerstände, die wir erfahren haben.

Und das wichtigste: ich habe gelernt, dass man auch als einzelner Mensch etwas bewegen kann. Zögert also nicht, wenn sich Euch die Chance bietet aktiv zu werden, denn bürgerschaftliches Engagement und Arbeit fürs Gemeinwohl machen Euch reich im Herzen!

* aka Madame Schärnée * lebt mit Monsieur Schärnée und zwei Töchtern im nördlichen Landkreis München * hoffnungslose gerechtigkeitsliebende Weltverbesserin, bekennende Feministin und Buchliebhaberin * Vizepräsidentin des Vereins Parité in den Parlamenten e.V. * redet ihr Gegenüber gerne in Grund und Boden und führt endlose Diskussionen über Gleichberechtigung und Politik * wirbt für mehr Mütter in der Politik * glaubt (trotzdem) an das Gute im Menschen * liebt orientalisches Essen wie Hummus, Falafel und Co * Mitgründerin des Familienzentrums FamilienHaus Unterföhring e.V * lernt durch ihr ehrenamtliches Engagement und den Blog viel über sich selbst und das Leben * ihre Lieblingshashtags: #dieHälftederMachtdenFrauen und #smashthepatriarchy #MütterindiePolitik

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